40 Jahre Eingemeindung

Nach der Gemeindereform: Ein Gamshurster darf sich als Gamshurster fühlen – Entwicklung zeigte: Stadtteil profitierte von der Eingemeindung

Vor 40 Jahren – Die Eingliederung von Gamshurst verlief wie viele Eingemeindungen auch, Wünsche hier und Versprechungen da, doch eines ist deutlich im Ort sicht- und spürbar. Der Stadtteil entwickelte sich über die Jahre prächtig und veränderte sich vom Straßendorf Gamshurst und einem „Bauerndorf“ – die Landwirtschaft spielt für den Ort noch immer eine große Rolle – zum Industriestandort.

 

Seit der Gemeindereform hat sich die Gemarkungsfläche der Stadt Achern viermal vergrößert. Den größten Geländebrocken brachte die Gemeinde Gamshurst in die Gemeinschaft ein. Nach den Eingliederungen kann die Stadt Achern  über insgesamt rund 6600 Hektar Fläche verfügen. Achern selbst zusammen mit dem Stadtteil Oberachern brachte in die Großehe 1408 Hektar ein, ein bald ebenso großer Brocken stammte von der Gemeinde Gamshurst, welche mit rund 1127 Hektar Gemarkungsfläche beachtlich war. Die Stadt Achern wurde durch die Eingemeindungen auch wieder zu einer waldbesitzenden Stadt. Zu den bescheidenen 16 Hektar Wald der Stadt Achern waren bereits durch die Eingemeindung von Oberachern rund 100 Hektar dazugekommen, nun erhöhte sich die Gesamtfläche auf 692 Hektar. Das größte Waldgebiet brachte die kleine Gemeinde Sasbachried mit rund 140 Hektar Hochwald mit. Die Gemeinde Wagshurst kann mit 121 Hektar Waldfläche aufwarten und der Stadtteil Gamshurst lieferte immerhin rund 117 Hektar Waldfläche.

Aber etwas anderes, ganz Wichtigeres lieferte der Stadtteil Gamshurst zur Hochzeit gerade so Nebenbei mit. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit entstand an der „Industriestraße“ mit Baubeginn im September 1964 und der Fertigstellung im Jahre 1966, „eine ganz neue Fabrik“. Mitte März 1966 nahm die KASTO-Maschinenbau GmbH den vollständigen Fertigungsbetrieb mit ca. 50 Mann auf. Bereits nach kurzer Zeit lief im neuen Betrieb mit dem Zusammenbau von Hochleistungs-Bügelsägemaschinen und –automaten die 1000. Maschine vom Band.

Das Straßendorf Gamshurst liegt von Wäldern, Wiesen und Feldern umgeben und hat mit 1127 Hektar Gemarkungsfläche den größten Flächenanteil der Großen Kreisstadt Achern. Die Landwirtschaft spielt für den 1690 Einwohner zählenden Stadtteil noch immer eine große Rolle, wenn auch der überwiegende Teil der Flächen mittlerweile im Nebenerwerb bewirtschaftet wird. Die Nebenerwerbslandwirte leisten hierbei aber einen nicht unerheblichen Beitrag zur Landschaftspflege, Haupterwerbslandwirte gibt es heute nicht mehr.

Gamshurst hat sich vom „Bauerndorf“ zum „Industriestandort“ verändert. Stetig weiter entwickelt hat sich die Zahl der Gewerbetreibenden. Vor 40 Jahren gab es nur einen Bruchteil der heute 128 Gewerbeanmeldungen. Die zum Teil welt- und europaweit tätigen Unternehmen, wie z. B. die Firmen KASTO, STOPA, Schäfer Elektronik und Brunner GmbH, bieten heute ca. 1200 Menschen einen Arbeitsplatz.

Investitionen für die Zukunft im zweistelligen Millionenbereich am Standort Gamshurst vollzogen in den vergangenen Jahren die weltweit tätigen Firmen KASTO, Schäfer-Elektronik und STOPA, hier entstanden weitere 100 qualifizierte Arbeitsplätze. In Planung ist die Erweiterung des Gewerbegebietes in Gamshurst. Bei der Produktionsaufnahme der Firma KASTO im Jahre 1966 hatte dieses Unternehmen sieben Hektar erworben und einen leistungsfähigen Betrieb entstehen lassen, Kernstück war eine 84 m lange und 34 m breite Werkshalle.

Als wichtiger Aspekt erwies sich seit der Eingemeindung immer mehr das Wohnen in der Nähe der Arbeitsstelle. In den vergangenen 40 Jahren wurden die Baugebiete „Im Kleinfeld“, „Kleinfeld West“ und „Am Kirchweg“ fertig gestellt, ein weiteres Baugebiet Eichbühn Süd ist in Planung.

Voraussetzungen für attraktives Wohnen ist die Erhaltung Weiterentwicklung der notwendigen Infrastruktur. So entstanden 1973 die Mehrzweckhalle, 1983 der Neubau des Kindergartens, in den 90ziger Jahren der Ausbau des Farrenstalls zum Haus der Vereine, sowie 2009 eine neue Sportanlage mit einem weiteren Rasenspielfeld, Beachvolleyball- und Basketballanlage. Weggefallen sind in der Zeit die Sparkassenfiliale, die Gemeindewaage, Eberhaltung und 1973 auch die 5. Klasse der früheren Hauptschule. Heute gibt es im Dorf lediglich eine Grundschule mit Grundschulförderklasse. Die Infrastruktur hat sich in den vergangenen 40 Jahren stetig weiter entwickelt. Die Ortsdurchfahrt wurde in drei Bauabschnitten fertig gestellt, es erfolgte der Anschluss an die Zentralkläranlage (1970 bis 1985), Wasser erhält der Ort seit zwei Jahren von der zentralen Enthärtungsanlage Rotherst in Fautenbach. Aber gerade auch die Freizeitgestaltung wird in Gamshurst großgeschrieben. 22 Vereine und Gruppierungen bieten im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich viele Entfaltungsmöglichkeiten. Weitere Freizeitmöglichkeiten, wie z.B. eine neu erstellte Grillhütte, Bademöglichkeiten an umliegenden Seen, sowie neu angelegte Wander- bzw. Radwanderwege runden das Angebot ab.

Der am 01.01.1973 in Kraft getretene Eingliederungsvertrag mit der Stadt Achern, dieser wurde vom damaligen Bürgermeister Wilfried Rosenfelder und Bürgermeister Franz Volz unterschrieben, erbrachte für die Ortschaft einige Neuerungen. Viele wichtige Dienstzweige (Kassenwesen/Ratschreiber) wurden von nun an in Achern angesiedelt. Das Rathaus wurde zur Ortsverwaltung mit deutlich reduziertem Personal.

Die Turn- und Festhalle – das damals größte Projekt – wurde mit dem Bau im April 1973 begonnen (Baugenehmigung Dezember 1972) und Ende 1973 fertiggestellt, die Eröffnung war im Januar 1974. Die Gesamtkosten betrugen 1.346.000,00 DM. Bei den Eingliederungsverhandlungen im Jahr 1972 ist man von 900.000,00 DM ausgegangen. Von den damaligen Gemeinderäten und späteren Ortsvorstehern Bertold Gartner und Werner Meyer war zu erfahren, dass Gamshurst – als eines von zwei Stadtteilen mit Guthaben –  rund 600000 DM als Rücklagen mit in die Großehe brachte. Im Eingliederungsvertrag wurde auch festgehalten, dass Gamshurst eine Aussegnungshalle erhalten soll, auf diese wartet man in Gamshurst bis heute immer noch.

2013 soll den Stadtteil eine Baumaßnahme besonders prägen, viel Geld wird hier in die nun rund 40 Jahre alte Turn- Festhalle fließen, diese soll eine Generalsanierung erhalten, „eine spannende Herausforderung, weil wir bauen um und nicht an“, so Ortsvorsteher Hans Jürgen Morgenstern. Für den Spielbetrieb sollen vier Umkleideeinheiten mit angegliedertem Sanitärtrakt (zwei Damen- und zwei Herrentoiletten) zur Verfügung gestellt werden. Der Umbau wird zusammen mit der Sanierung der bestehenden Duschräume vorgenommen, auch kommt eine Sanierung der Geräteraumtoranlage für 20000 Euro hinzu, mit Gesamtkosten wird in Höhe von 290.000,00 Euro kalkuliert. In 2014 soll schließlich die Abschlusssanierung mit Einbau neuer Fenster und Hallenboden erfolgen.

„Was unser Dorf bewegt sind seine Menschen“

Wie groß ist inzwischen die Identifikation der Bevölkerung mit dem neuen Gemeinde-Gebilde?

Hans Jürgen Morgenstern: Die Bürger von Gamshurst stehen und standen immer zur Großen Kreisstadt Achern. Bereits bei der Abstimmung des früheren Gemeinderates Gamshurst wurde der Eingemeindung mit lediglich einer Gegenstimme zugestimmt. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger heute haben  Gamshurst in seiner Selbständigkeit niemals kennen gelernt.

Wie funktionieren das Ortsleben, Vereine und Bevölkerung?

Hans Jürgen Morgenstern: Gamshurst lebt von seinem ehrenamtlichen Engagement. Gerade Vereine, unsere „Rentnertruppe“, aber auch viele Privatpersonen leisten ehrenamtlich Außergewöhnliches. Auch die Nachbarschaftshilfe wird in unserem Dorf noch vorbildlich gelebt. Die jährliche Ehrenamtsfeier soll ein kleines Zeichen des Dankes, aber auch der Wertschätzung dieser Menschen sein.

Wie wichtig ist die Ortsverwaltung?

Hans Jürgen Morgenstern: Die Ortsverwaltung ist weiterhin ein wichtiges Bindeglied zwischen Stadt und Stadtteil und Ansprechpartner vor Ort. Fast alle Leistungen der Kernverwaltung, inklusive standesamtlicher Trauungen,  werden für unsere Bürger angeboten. Gerade die älteren Einwohner schätzen ihren persönlichen Ansprechpartner vor Ort.

Ist das Gremium Ortschaftsrat heute noch zeitgemäß?

Hans Jürgen Morgenstern: Nicht nur zeitgemäß, sondern auch eminent wichtig. Der Ortschaftsrat ist zuständig u.a. für Leistungen und Lieferungen für einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang  von mehr als 6000 Euro bis 200000 Euro, der Veräußerung von Bauplätzen und Gewerbegrundstücken, den Friedhof, den Sportstätten und den Angelegenheiten der örtlichen Vereine. Die Ortschaftsräte sind der direkte Ansprechpartner für die Bürger des Stadtteils. Wie wichtig dies alles ist zeigt sich darin, dass für Oberachern mittlerweile ein sogenannter „Ortsrat“ installiert wurde, der sich ebenfalls um die Probleme vor Ort kümmert.

Der Bürgermeister, hatte neben dem Pfarrer in Gamshurst noch „das gewichtige Wort“, wie ist das bei Ihnen als „Ortsvorsteher“?

Hans Jürgen Morgenstern: (lachend) das Wort „gewichtig“ ist bei mir nicht gerade übertrieben. Aber nun im Ernst, das Amt bringt schon mit sich, dass die Mitbürgerinnen und Mitbürger die Meinung des Ortsvorstehers schätzen, gegebenenfalls aber auch hinterfragen.

Welches sind die fünf wichtigsten Einrichtungen in Gamshurst?

Hans Jürgen Morgenstern: Aus meiner Sicht die Ortsverwaltung, Kindergarten und Grundschule, Halle mit Sport- und Freizeitanlage, das Haus der Vereine und die neu geschaffene Grillanlage.

40 Jahre ist Gamshurst bei der Großen Kreisstadt Achern, was hat dem Stadtteil am besten gut getan?

Hans Jürgen Morgenstern: Auf diese Frage gibt es sicherlich aus der Sicht jedes Einzelnen viele Antworten, so dass ich dies persönlich nicht kommentieren möchte. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam stolz sein auf 40 Jahre Große Kreisstadt Achern.

Bürgermeister und Ortsvorsteher

Stadtteil Achern-Gamshurst

Franz Volz:

Bürgermeister: von  1968 bis 1973
Ortsvorsteher: von 1973 bis 1984

Werner Meyer:

Ortsvorsteher: von 1984 bis Dez. 1994

Schwerpunkte und Herzensangelegenheiten waren bei OV Meyer der Ausbau der Eichbühnstraße, der Ausbau der Ortsdurchfahrt „Lange Straße“ mit den drei Bauabschnitten und die Friedhofsgestaltung.

Bertold Gartner:

Ortsvorsteher: von   Febr. 1995 bis 2004

Schwerpunkte und Herzensangelegenheiten waren bei OV Gartner der Endausbau des dritten Bauabschnittes der Ortsdurchfahrt „Lange Straße“, die Neugestaltung des Dorfzentrums mit Umbau des ehemaligen Farrenstalls zum Haus der Vereine.

Hans Jürgen Morgenstern:

Ortsvorsteher: von 2004 bis heute

Schwerpunkte und Herzensangelegenheiten sind bei OV Morgenstern die Entwicklung der Baugebiete „Kleinfeld-West“ (erstmals mit privatem Erschließungsträger) und „Am Kirchweg“, Sportplatzneubau, Hallensanierung, Innenrenovierung Pfarrkirche mit Deckengemälden, Förderung des ehrenamtlichen Engagements, Gestaltung der Ortseingänge, Baumalleen, Friedhofswege, Radwanderwege, offenes Klassenzimmer, alle Maßnahmen der Dorfverschönerung, regelmäßige Kontakte zu örtlichen Industriebetrieben, Möglichkeiten der Trauungen im Ort.

Gemeinderäte im Jahre 1973:

Franz Kaltenbach, Leonhard Füller, Franz Frietsch, Karl Volz, Klaus Walter, Bertold Gartner, Werner Meyer, Gerhard Meyer, Edmund Schuh, Karl Lorenz

Ratschreiber: August Schuh

Entwicklung Gemarkungsgröße und Arbeitsplätze

Stadtteil Achern Gamshurst

Gemarkungsgröße: 1973
Gesamt: 1127 Hektar
davon Wald: 117 Hektar

Gemarkungsgröße: 2013
Gesamt: 1131 Hektar
davon Wald: 120,10 Hektar

Längste Straße im Ortenaukreis: Vom Ortseingangsschild (aus Richtung Achern) bis Ende Ortseingangsschild 2,8 Kilometer

Einwohnerzahlen und Entwicklung:

29.12.1972: 1309 Einwohner (642 männlich und 667 weiblich)
30.12.1992: 1590 Einwohner (796 männlich und 794 weiblich)
30.12.2012: 1693 Einwohner (844  männlich und  849  weiblich)

Arbeitsplätze: 1973, Anzahl: nicht bekannt
Arbeitsplätze: 1993, Anzahl: nicht bekannt
Arbeitsplätze: 2013, Anzahl: ca. 1170

Ortsverwaltung Gamshurst
Lange Straße 130
77855 Achern-Gamshurst
Telefon: 07841 642-1510

Öffnungszeiten:
Montag bis Mittwoch 8:00 bis 12:00 Uhr
Donnerstag 14:00 bis 18:00 Uhr
Freitag 8:00 bis 12:00 Uhr


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